Ein Stolperstein für Julius Lenhardt
Julius Lenhardt
*26. Januar 1881 in Schnappach (Saarland) †13. März 1945 in Rhaunen (Hunsrück) bekannt als „Der Uhrmacher von Rhaunen“, war katholischer Christ, geschieden, und wurde zum Opfer des Nazi-Terrors unmittelbar vor dem Einmarsch der Amerikaner in das Hunsrückdorf Rhaunen, am 18. März 1945.
Julius Lenhardt tauchte gegen Ende 1943 im Alter von 61 Jahren in Rhaunen auf und mietete sich zunächst im Haus „Am Wartenberg 10“ ein, einem Haus, aus dem zuvor die jüdische Familie Levy – Vater Max Levy, *24. Mai 1888, seine Frau Selma Levy geb. Liebmann, * 2. Dezember 1887 und deren taubstummer Sohn Myrtl, * 5. Januar 1920 – am 15. Oktober 1941 vertrieben und via Trier nach Lodz deportiert worden war; einem zweiten Sohn der Familie, Erik, *16. April 1922, war zuvor am 28. Februar 1938 die Auswanderung nach Israel ermöglicht worden.
Julius Lenhardt verließ das für damalige Verhältnisse komfortable Haus der Deportierten bald und tauschte es gegen seine neue Bleibe, einem selbst für damalige Verhältnisse nicht standesgemäßem Haus „Auf der Pühl 9“. Hier lebte er bis zu seinem gewaltsamen Tod in der Nacht vom 12. auf den 13. März 1945, wenige Tage vor Kriegsende in Rhaunen.
Julius Lenhardt, der „Uhrmacher von Rhaunen“, machte aus seiner Überzeugung keinen Hehl: Er sehnte das Ende des Krieges herbei, er beschimpfte in aller Öffentlichkeit Angehörige der SS, beschwor das nahende Ende des Krieges und die Ankunft der Amerikaner. Er bedrohte seit der Landung der Amerikaner auf dem Hunsrück und der herannahenden Geschützfeuer von Emmelshausen aus die Rhaunener SS-Leute: „Ich werde den Amerikanern alles sagen!“
Julius Lenhardt wurde am Tag des Einmarsches der Amerikaner von dem damals 11-jährigen Nachbarskind Lilly Gerhardt (heute verheiratete Brown, wohnhaft „Auf der Pühl 10“), mit einem Loch im Genick tot in seinem Blut liegend in seiner Stube aufgefunden. Der Jäger stellte einen Genickschuss fest. An demselben Tag verschwandt seine Leiche. Erst am 9. April 1945 wurde sein Tod durch den Beamten Tatsch standesamtlich beurkundet mit dem Vermerk: „Mögliche Todesursache: Blutsturz“.
Julius Lenhardt erhält als Opfer des Nazi-Terrors im September 2013 einen Stolperstein in Rhaunen.
Quellen:
Recherchen vor Ort in Rhaunen
Gespräche mit Frau Susanne Schäfer, die uns Photos und Dokumente aus eigenen Recherchen vorzeigte
Besuch bei Frau Rosel Dräger, Zeitzeugin
Schriftliche Aussagen der in den USA verheirateten Lilly Brown geb. Gerhardt, damals Nachbarskind des Julius Lenhardt, wohnhaft „Auf der Pühl 10“ (per e-mail)
Erinnerungen des Kurt Born, der nach den Gesprächen mit ihm verstorben ist.
Ortstermin mit Herrn Gernot Fritz und Herrn Arno Gräf, Arbeitsgemeinschaft „Stolpersteine“; Herr Gräf ist Zeitzeuge.